Fragt man in Köln in einer Brauerei nach einem Altbier, so wird man (bestenfalls nur) scherzhaft der Lokalität verwiesen. Die Düsseldorf-Köln-Fehde wird auch mit Passion im Bier-Metier ausgetragen. Hingegen einiger Scherze unserer Nachbarn im Süden vom Rheinland, ist der Name „Altbier“ allerdings kein Hinweis darauf, dass das Bier abgestanden und nicht mehr ganz frisch ist.
Der Name „Altbier“ besagt nur, dass es auf „alte Art“ hergestellt wird, eben obergärig. Nach dem deutschen Reinheitsgebot von 1516 wird Bier aus vier Zutaten hergestellt: Wasser, Hopfen, Malz und Hefe. Doch Hefe ist nicht gleich Hefe. Je nach Bierstil, werden obergärige oder untergärige Bierhefen für den Bauprozess verwendet. Sie haben auch Auswirkungen auf den Geschmack — tendenziell schmeckt obergäriges Bier etwas aromatischer, untergäriges Bier hingegen neutraler. Die meisten Bierstile wurden ursprünglich mit obergärigen Hefen gebraut, da sie für den Gärprozess warme Temperaturen benötigen. Mit der Erfindung der künstlichen Kühlung Mitte des 19. Jahrhunderts war es nun auch möglich, untergärige Hefe für den Brauprozess zu verwenden. Als neue Biersorten wie Pils oder Helles aufkamen, war „Altbier“ schlichtweg die namentliche Abgrenzung vom geläufigen Braunbier zum „neuen Bier“.
In Deutschland ist Alt das am weitesten verbreitete obergärige Bier. Und auch wenn man es nicht glauben mag, auch Kölsch ist obergäriges Bier, das nur nicht nach der Art des Brauverfahrens, sondern dem Ort nach benannt ist (Kölsch darf im Übrigen nur in Köln gebraut werden).
Sechs verschiedene Altbiere werden auf Düsseldorfer Boden gebraut: Schumacher Alt, Uerige, Kürzer Alt, Füchschen Alt, Schlüssel Alt und Gulasch Alt (letzteres geht auf den Spitznamen des Braumeisters zurück, der liebend gerne Gulasch in Oberkassel verkauft).
Getrunken wird Altbier aus einem klassischen, zylindrisch geformten Altbierglas. Und das natürlich am besten in einer Düsseldorf Hausbrauerei, die eine lokale Institution sind und die Altstadt prägen. Der Brauhauskellner heißt „Köbes“. Seine Art zu servieren, die mitunter etwas forsch und ruppig ist, gehört zur typisch rheinischen Brauhauskultur. Während anderorts der Gast der König ist, ist es im Brauhaus definitiv eher der Köbes. Nichtsdestotrotz bringt natürlich der Köbes Bier und andere rheinische Spezialitäten nach Bestellung an den Tisch der Gäste. Dass er sehr aufmerksam ist, macht sich auch bei der Art der Bestellung bemerkbar: Wenn das Glas leer ist, stellt der Köbes ein neues Altbier hin, es sei denn, der Gast legt einen Bierdeckel auf sein Glas. Traditionell sind Köbesse an der Kleidung zu erkennen: Ein blaues Hemd oder ein blauer Wollpullover und darunter eine Schürze, die die Hose beim Fässerschleppen schützen soll.
Die älteste Hausbrauerei Düsseldorfs ist das Schumacher. Gebraut wird seit 1838 im Stammhaus auf der Oststraße. Hier kann man auch den Herstellungsprozess bei einer Brauerei-Führung genauestens unter die Lupe nehmen und anschließend ein kühles Altbier in der urigen Gaststube genießen. Aber auch die anderen Brauhäuser in der Altstadt sowie in Oberkassel sind ein Besuch wert. Sehr bekannt und sehr beliebt ist wohl auch das Uerige – unweit von Rathaus und Rhein und mit Düsseldorfer Radschläger-Wahrzeichen vor der Haustür. Die Toten Hosen sind große Fans des Uerige und haben mit der Traditionsbrauerei sogar ihr eigenes Bier – das Hosen Hell – herausgebraucht (das ist allerdings kein klassisches Altbier, sondern ein untergäriges helles Bier! Zur Verteidigung: Laut den Toten Hosen gibt es mit dem Uerige ja schon das beste Altbier der Welt…)
Auch viele jüngere Biertrinker begeistert das traditionsreiche Altbier: Die findet man in Düsseldorf meist im „Kürzer“ auf der Kurzen Straße, das nicht viel mit dem etwas angestaubten Image einer Brauerei gemeinsam hat.
Übrigens: Eine Variante von Altbier dürfte man in Köln wohl doch finden. 2017 wurde in Monheim, also genau an der Grenze der Alt- und Kölsch-Zone, das Költ erfunden. Das flüssige Wortspiel ist dunkler und würziger als ein Kölsch und nicht so herb wie ein Altbier. Prost!